Sprechender Raum:
Klassenraum einer 5. Klasse

Liebe Lesende,

ich befinde mich meist im 1. Obergeschoss der Schülerschule im Alt- oder Neubau. In der Regel biete ich meinen Schülerinnen und meinen Schülern einen Raum von der 5. bis zur 9. Klasse.

Beginnen möchte ich mit einem Ausschnitt aus einem Text, der für den Tag des offenen Denkmals 2022 erstellt wurde. Es ist eine Erweiterung des Textes „Waldenau träumt Vergangenheit“, der viele Jahre lang Esther Behrens zugeschrieben wurde, die zusammen mit ihrem Mann das Gutshaus bauen ließ. Inzwischen geht man davon aus, dass er tatsächlich von Frau Behrens‘ Schwägerin Toni O‘Swald verfasst wurde. Geschrieben wurde die Erweiterung von Schülerinnen und Schülern einer 5. Klasse gemeinsam mit einigen Lehrkräften. Es ist ein Zwiegespräch zwischen mir, meinem Nachbarklassenraum und dem Flur. Wir befinden uns zu dem Zeitpunkt alle im Altbau, dem denkmalgeschützten Gutshaus:

 


Klasse 7:

Das Herzstück der Schule sind … wir, die Klassenräume! Ohne uns könnte eine Schule gar nicht existieren. In mir wird konzentriert gelernt und gearbeitet, in meinen Wänden erwirbt man das Wissen und die Fähigkeiten für den weiteren Lebensweg. Und in den Fünfminutenpausen freuen sich die Schülerinnen und Schüler über meinen wunderschönen Balkon!   

Klasse 5:

Dein kleiner Balkon? Ha!, … Meiner ist viel größer als deiner!

Aber in meiner Klasse nervt mich oft die Lautstärke. Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich seinerzeit als Schlafzimmer genutzt wurde – heute könnte man in mir zumindest tagsüber kein Auge mehr zutun. Und mein Inventar wird leider auch nicht mehr so pfleglich behandelt, wie es zur Zeit der seligen Frau Behrens der Fall war. Doch ich will mich nicht weiter beklagen, denn was gibt es Schöneres, als ein Ort des Lehrens und Lernens zu sein, die Fortschritte der Schülerinnen und Schüler mitzuerleben und all ihre Freuden und Sorgen zu teilen? Und ich bin eindeutig der schönste Klassenraum dieser Schule – darauf bin ich sehr stolz!

Erzählender:

Vermutlich hätte der Klassenraum gern noch weitergeredet, doch nun meldet sich der Flur zu Wort:

Flur:

Ihr tut ja gerade so, als ob ihr die einzigen Orte wärt, an denen gelernt wird! Dabei müsstet ihr doch aus Erfahrung wissen, dass niemand anderes als ich der beliebteste Arbeitsort an dieser Schule ist! Die Schülerinnen und Schüler  reißen sich darum, ihren Klassenräumen für eine Zeit lang zu entfliehen und an meinen Tischen Platz zu nehmen. Ich biete den passenden Raum für die Kinder und Jugendlichen, die zum Lernen mehr Ruhe brauchen, aber auch für Partner- und Kleingruppenarbeit. Und wenn man sich zwischendurch mal privat unterhalten oder einen schnellen Blick auf das Heft des Nachbarn riskieren möchte, fällt das nicht auf. Ich bemerke natürlich alles, aber ich würde niemals petzen – darauf gebe ich mein Ehrenwort.

 

Diese Zeilen beschreiben wunderbar, wie es in mir, meinem Nachbarn und dem Flur so zugeht. Ich möchte noch erwähnen, dass sich ein Teil meiner Schulkinder auch mal in den kleineren Nebenraum von mir begibt, um in Kleingruppen zu arbeiten. Das ist so in fast allen Klassenräumen der Schülerschule möglich.

Hier habe ich noch einige Eindrücke aus meinen Raum und dem Nebenraum zusammengestellt:

Haben Sie auch schon meine Raum-Kollegen besucht?